Beginen in der Geschichte und heute

23 Mai

Am 7. September 2007 schrieb ich für die NRZ den folgenden Artikel: 

Die Beginenhöfe am Em­mericher Geistmarkt und Ree­ser Pastorat existieren heute nicht mehr. In Kalkar, Kra­nen­burg und in vielen europäischen Städten kann man ihre ehemaligen Wohn­­stätten aller­dings noch be­sichtigen und ihrer At­mosphäre nachspüren. In 32 Orten Deutschlands leben heute wie­der Beginen, allein fünf Be­gi­nen­­häuser kommen in diesem Jahr dazu. Was macht den Reiz der modernen Be­gi­nenbewegung aus? Wie lebten Beginen im Mittelalter, wie heute? Zu diesem Thema refe­rierte Be­gine Brita Lieb, die von der Evan­gelischen Familien­bil­dungs­stätte und der Frauen­grup­pe lila Punkte eingeladen worden war.

Ab 1200 schlossen sich immer mehr Frauen zusammen, um eigen­ständig, finanziell und spiri­tuell unab­hän­gig in Beginen-Kon­venten zu wohnen. Sie lebten von Stif­tungen, ihrem Erbe oder ihrer Arbeit.

Zu dieser Zeit waren nur 37 Prozent der Frauen verheiratet, so dass die Mädchen sich mit 15 Jahren fragten: Heirate ich, gehe ich ins Kloster oder werde ich Begine? Zur Blütezeit der Begi­nen­­­bewegung lebten bis zu zehn Pro­zent der Frauen in einer Stadt als Begine. Das ist auch von Emme­rich bekannt: 1380 ver­machte der Priester Gerhard Grave seine Hofstätte den  acht Beginen. Es soll noch ein zweites Be­gi­nenhaus mit weniger Be­wohne­rinnen gegeben haben.

„Ich bin manchmal ein bisschen frech, aber das ist beginisch“, so charmant beschrieb Brita Lieb eine charakteristische Eigenschaft der heutigen Beginen. Die Emmericher Frauen interessierten sich nämlich in ihren Fragen besonders für das Leben der Beginen in den neuen Wohn­projekten. Seit Ende der 90er gründeten sich viele Beginen­initiativen. Anschaulich be­schrieb die Referentin die Situation der heutigen Frauen: 31 Prozent sind verheiratet, darun­ter gibt es viele allein Erziehende. Deren Chancen und Löhne sind noch immer ge­ringer als die der Männer. Moder­ne Beginen sind unabhängig, spirituell und politisch-sozial enga­giert, bilden sich weiter,  zehn Pro­zent sind betont christlich, stehen aber der Institution Kirche kritisch gegen­über.

Jede Beginengruppe entwickelt ihre eigenständige Lebens-, Wohn- und Wirtschaftsform.  Jede Frau  lebt, eventuell mit ihren Kindern,  in einer eige­­nen Wohnung, nimmt aber freiwillig in unterschiedlicher Form am Ge­mein­­schaftsleben teil.  So entsteht ein lebendiger, inspi­rierender Zu­sam­menhalt, der aber nicht frei von Konflikten sein kann. Ein Beginen-Wohnprojekt zu initiieren, bedarf einer Vorbe­reitung, bei dem der 2004 gegrün­dete Dachverband der Beginen behilf­lich ist. Mögliche Formen sind die einer Stiftung oder Genos­senschaft, eines Inves­to­renmodells, Miethäuser­syn­dikats oder des Gemein­schafts­eigentums. (beh

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