Kreuzschwestern Aspel: 3 Exodusse

23 Mai
Vortrag "1000 Jahre Aspel" am 22. Mai 2013

Vortrag „1000 Jahre Aspel“ am 22. Mai 2013

Das Interesse war groß, als Monika und Rüdiger Gollnick auf Einladung des Geschichtsvereins Ressa ihren Vortrag zum Thema „1000 Jahre Aspel“ hielten. Etwa 60 Zuhörer waren in den kleinen Saal des Bürgerhauses gekommen, um eine Gesamtschau der Thematik zu erleben und vielleicht einige neue Fakten zu erfahren. Und darin wurden sie nicht enttäuscht, denn Rüdiger Gollnick stellte seine neuesten noch unveröffentlichten Forschungsergebnisse vor.

Und diese ranken sich um den dreimaligen Exodus der Schwestern des Heiligen Kreuzes, also um die letzten Besitzerinnen von Aspel.

1. Exodus: Zeit des Kulturkampfes 1875 bis 1887

Seit 1851 lebten und arbeiteten die Töchter vom heiligen Kreuz in Aspel.

Im Jahr 1875 mussten die Kreuzschwestern (wie viele andere Orden) ihren Besitz aufgeben und das Deutsche Reich verlassen. Am 2. November machten sich die letzten beiden Schwestern nach Lüttich/Spa beziehungsweise ins Kasteel Zwanenburg auf, wo sie den Lehrbetrieb des Hauses Aspel fortführten. Das Schloss lag zwischen Megchelen und Gendringen und existiert heute nicht mehr. Die Schwestern pachteten das Haus bis 1882 und zogen dann weiter nach Spa, später nach Theux, wo sie zusammen mit den Lazaristen eine moderne deutsche Schultradition etablierten, die bis 1918 anhielt.

In Zwanenburg erhielten die Schwestern die Erlaubnis für ihre Lehrtätigkeit. In Spa errichteten die Schwestern eine deutsche Schule (höhere Töchterschule), auf die neben den deutschen Eltern auch belgische ihre Töchter schickten.

In Theux arbeiteten sie mit den Lazaristen zusammen (Vincentianer), deren Berufsgymnasium einen exzellenten Ruf genoss. Das Haus war elektrifiziert und stellte neben den Fremdsprachen (Flämisch, Deutsch, Englisch und Französisch) die Naturwissenschaft in den Mittelpunkt. Die Aspeler Schwestern unterrichteten dort die Primarstufe.

Im Jahr 1887 kauften die Kreuzschwestern das Gebäude Aspel wieder und bauten die Schule und das Mädchenpensionat aus. Auch hier gab es eine moderne Konzeption und individuelle Förderung.

Hintergrundinformation

Reichskanzler Bismarck wollte eine strikte Trennung von Staat und Kirche, u.a. weil er den Einfluss der Kirche auf die Schulen befürchtete. U.a. wurde das Jesuitengesetz in Kraft gesetzt, das die seelsorgerische Tätigkeit von Orden verbot. Zudem wurden ausländische Seelsorger ausgewiesen und ihr Besitz beschlagnahmt. Seit 1875 gilt das Gesetz der Zivilehe. Die Orden wurden im Kulturkampf, der 1887 beendet wurde, geschlossen; nur die Orden, die sich der Krankenpflege widmeten, durften bleiben. 

Rüdiger und Monika Gollnick

Rüdiger und Monika Gollnick

2. Exodus: Zeit des Nationalsozialismus 1941

Im Jahr 1941 begann die Verfolgung von niederländischen Priestern (z.B. aus s`Herenbergh) und die Vertreibung der Ordensleute aus dem Bistum Münster durch die Nationalsozialisten.

1941 wurde die die Generaloberin in Lüttich verhaftet. Zudem gab es in Aspel Hausdurchsuchungen. Vorgeworfen wurde den Schwestern, Lebensmittel und Devisen nach Lüttich zu schmuggeln und Milch nur ungenügend abzuliefern. Am 30. Januar 1942 wurde die offizielle Enteignungsurkunde übergeben. Ein Kriegslazarett entstand in den Räumlichkeiten. Weiterhin plante die SS, eine Ordensburg für die Hitlerjugend einzurichten. Im März 1945 wurde das Gebäude durch deutsche Fallschirmjäger besetzt.

Ab 1945 begann der Wiederaufbau. Die Schule wurde im Jahr 1973 staatlich, ehe die Geschichte der Aspeler Schule 1986/87 nach 135 Jahren mit dem Umzug ins Schulzentrum endete.

3. Exodus: heute

Die Tage des Hauses sind gezählt. Die Gebäude stehen zum Verkauf. Auch wenn einige Schwestern auf einen Verbleib hoffen, stellt sich die Frage, ob und welchen Investor es geben könnte. Möglicherweise wäre Aspel dann nicht mehr frei zugänglich.

Zudem gehören die Kreuzschwestern einem sterbenden Orden an. In Europa gibt es kaum noch Nachwuchs, während man in Asien eine Zunahme verzeichnen kann. Daher war der Umzug der Ordensleitung von Lüttich nach London nur eine logische Konsequenz. Heute gibt es keine „essentiellen Impulse aus Aspel“ mehr, so Gollnick.

Daher werden die Schwestern vom Heiligen Kreuz in Zukunft nicht mehr in Aspel sein. Daraus ergibt sich die Frage: Was wird mit Aspel?

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